Ein Traum von einer besseren Welt


Es gibt so viele Ideen, die die Menschheit entwickelt hat, die eine bessere Welt schaffen sollen. Zum Teil sind das Ideen, die die Welt moralisch besser machen sollen, dazu gehören im Prinzip auch alle Religionen. Ein weiterer Bereich ist der Gedanke, die Welt sozial gerechter zu machen. In früheren Jahrhunderten entsprangen diese ebenfalls aus religiösen Quellen (z.B. Thomas Münzer und die Bauernrevolte, daoistische chinesische Bauernaufstände). Die moderne Zeit brachte den Marxismus und den Anarchismus hervor. Von vielen Zeitgenossen wurden auch die verschiedenen faschistischen Bewegungen als soziale verstanden. Ganz neu ist die ökologische Bewegung, die sich teilweise aus sozialistischen, christlichen und naturwissenschaftlichen Quellen speist. Je mehr die Bewegungen ideologisch gerechtfertigt wurden, desto radikaler und intoleranter wurden sie zumeist und neigten zu Sektierertum und autoritären Strukturen.

Vom „Kommunismus“ zur grünen Bewegung

Ich selbst habe mich Mitte der siebziger Jahre dem Maoismus verschrieben und sah im Kommunismus die Hoffnung der Menschheit. Der „Sozialismus“ in Osteuropa erschien mir desavouiert und nicht erstrebenswert, also eine Abweichung vom wahren Marxismus-Leninismus. In China schien mir alles besser zu sein, obwohl ich ja kaum etwas über das Land wusste. Ich glaubte den revolutionären Parolen. Als dort aber selbst mit der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ und den „Roten Garden“ abgerechnet wurde, kam ich langsam zu der Erkenntnis, dass hier wohl etwas gehörig falsch gelaufen sein muss. Mao war sicher nicht der große Heilsbringer, für den ich ihn gehalten hatte und die Dogmen des Marxismus-Leninismus waren nichts als Ideologien zur Verschleierung einer staatskapitalistischen Diktatur. Ich wendete mich von sozialistischen Ideen ab und da ich schon während meiner K-Gruppen-Zeit in der Anti-KW-Bewegung aktiv geworden war,kam ich zunehmend mit grünem Gedankengut in Berührung und begeisterte mich für die Ideen von Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit, erneuerbaren Energien und Naturschutz. Anfang der 80iger Jahre lösten sich die meisten K-Gruppen auf, da es wohl der Mehrheit ihrer Mitglieder wie mir erging. Und nicht wenige kamen wie ich zu den Grünen oder waren sonst wie in der ökologischen Bewegung aktiv. Diese Bewegung war sehr heterogen und vielfältig und daher nicht so dogmatisch. Allerdings, aufgrund der Herkunft vieler Aktivisten aus dem linken Spektrum gab es immer wieder eine Tendenz zum Dogmatismus und daher auch den Streit zwischen „Fundis“ und „Realos“. Heute sind die Grünen eine weitgehend etablierte Partei. Sie vertritt das gebildete und aufgeklärte Bürgertum mit sozialen Ansprüchen. Wie in allen Parteien sind das Streben nach einer politischen Karriere ein nicht unwichtiger Beweggrund für das Handeln der Partei-Elite. Idealismus und Zielvorstellungen sind daher nicht mehr so ausgeprägt und Kompromisse werden leichter gemacht.Das ist an sich noch nicht schlecht, denn ich denke, dass rabiate Umsteuerungen in der Gesellschaft meist sehr negative Auswirkungen haben und auch gar nicht die Mehrheit der Bevölkerung erreichen. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn Vernunft und Idealismus in der grünen Bewegung zusammen gehen würden und den Tendenzen, sich völlig in das bestehende politischen System einzupassen, entgegen gewirkt würde. Neue Bewegungen, wie die Piraten kann ich noch nicht so recht ernst nehmen und die Linke, mit ihren Wurzeln in der alten stalinistischen Welt und doktrinären Linkssozialdemokratie sind für mich auch keine wirkliche Hoffnung für eine gerechtere und nachhaltigere Gesellschaft.

Revolution oder Reform

Die Ideen von Karl Marx treffen als Beschreibung des Kapitalismus sicher noch heute ziemlich gut die bestehenden ökonomischen und sozialen Verhältnisse. Aber die Revolution als Gradmesser gesellschaftlicher Veränderung erscheint mir verfehlt. Wohl gab es nach verschiedenen Revolutionen gesellschaftliche Veränderungen, aber nicht unbedingt zum Besseren (siehe Französische Revolution, Russische Revolution). Oft waren sie aber aus der gesellschaftlichen Situation fast unvermeidlich und wäre das Volk dann nicht nur machtverliebten Führern gefolgt, hätte sich etwas gutes daraus entwickeln können. Aber wenn Bildung und Erfahrung fehlen, neigen die Menschen meist dazu, sich nach Anführern zu orientieren, die Stärke zeigen. Es wird interessant sein, zu verfolgen, wie sich die Revolutionen in den arabischen Ländern entwickeln und welchen Einfluss sie auf die entwickelten Länder haben (siehe Occupy Bewegung und Spanien).
Es wäre meiner Meinung nach besser, wenn die Gesellschaft sich evolutionär entwickeln könnte und Machtstrukturen, die nötige Veränderungen behindern, mit Klugheit und der Breite einer Bewegung aufgebrochen würden. Die Hoffnung, dass Parteien oder große Anführer es schon richten werden, sollten wir endgültig fahren lassen. Nur wenn jeder sich einbringt und seinen Willen kundtut, kann es echte Veränderungen geben. Ansonsten bleiben wir Opfer der Mächtigen. Engagement, und sei es nur in einem kleinen Bereich und Selbstinformation über gesellschaftliche Entwicklungen sind Voraussetzung dafür, dass wir nicht nur Wahlvolk bleiben.
Die Bewegung für eine gerechtere und bessere Welt müsste einen langen Atem haben, in Schritten vorgehen können, vielfältig und nicht dogmatisch sein. Es kann kein Endziel und keine utopische Gesellschaft geben, denn die Bedingungen werden sich immer wieder verändern. Nur der Respekt vor jedem Menschen, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und für die möglichste breite Beteiligung aller Menschen am Wohlstand und Lebensmöglichkeiten sollten Grundlage dieser Bewegung sein.
© Ludger Gausepohl November 2011

Kommentare

  1. Ich bin noch recht unerfahren mit diesem Medium und hoffe, dass mein Blog mit der Zeit noch interessanter und lesbarer wird. Ich freue mich auf Kommentare!

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